Blockbuster: Canon R5
Gleich vorweg: nein ich kaufe sie mir nicht, weil zu teuer. Body mit 2 Objektiven um die 10.000,-, das könnte ich mir als Erst- bzw. Hauptkamera ja noch vorstellen, aber nicht als Ergänzung die mir nichts ergänzt. Aber der Reihe nach:
Seit langer Zeit hat Canon wieder gezeigt, dass sie doch noch nicht in der Versenkung gelandet sind. Zu viele Gurkengläser, zu viele Hoppalakameras, zu viel am Markt vorbei produziert. Da stand zwar Canon drauf, aber Huidibui war drinnen. Der schlechte Kundenservice der letzten 10 Jahre sowie Verarbeitungsfehler haben mich schlußendlich zu Fuji gehen lassen.
Nun war ich mit Alexander Müller in Wien unterwegs. Er hat so sehr von der neuen Canon geschwärmt, dass ich sie mir wenigstens ansehen wollte und wie es so bei mir ist, ansehen tut man mit den Fingern 🙂
Also nahm ich das Angebot bei Foto Schneider dankend an, um die Kamera einen Nachmittag lang im Rosarium in Baden zu testen. Nun kann ich aus der eigenen Praxis erzählen:
Da alles an der Kamera wirklich intuitiv und gut umgesetzt ist lediglich 2 Punkte die mich stören, dafür aber richtig anätzen: Der Einschaltknopf ist links und so kann man die Kamera nicht mit der haltenden Hand bedienen. Bei der Fuji X-H1 ist das ja hervorragend gelöst, man sieht ein Motiv und schaltet während dem Hochhalten die Kamera ein und drückt ab. Und wenn man fertig ist gleich wieder aus. Ein – aus, ein – aus. Bei der Canon muß ich umständlich erst mit der anderen Hand ein- u. ausschalten, man wird also dazu gezwungen, immer beide Hände frei zu haben. Auch im Winter. Bei Ricoh, Sony u. Fuji kann ich derweil einen Blitz oder einen Reflektor halten, mich an der Leiter festhalten, oder sonst was sinnvolles tun. Bei der Canon R5 geht das nicht. Von permanent eingeschaltet lassen rate ich ab, die Canon saugt ordentlich Akku.
Und dann kommen wir schon zum 2. no-go, das ist für mich der Schwenkscreen. Eine Hochleistungskamera für Selfiejunkies? Echt jetzt? Noch dazu ist das Display nicht mal parallel zur Kamera im 180 Grad Bereich zu öffnen, nein, da fehlen ein paar Millimeter. Daher ist das Display immer schief zur Achse. Mit dem aufgeschlagenen Screen ist die Kamera gleich nochmal um die Hälfte größer. Da behauptet Canon in der Werbung zur R5, tatsächlich etwas von Unauffälligkeit zu sehen?
Gut, dies waren für mich die negativen Punkte. Dafür ist alles andere für mich nützlich und großartig: Die getesteten Linsen RF 24-70 und RF 70-200 sind wirklich bedenkenlos zu empfehlen, der Bildstabilisator unbeschreiblich, der Augenfokus beispiellos. Für mich der größte Nutzen sind die hohen 45 Megapixel die so viel Reserven haben, dass man ohne sichtbaren Qualitätsverlust locker zu 200% croppen kann. Geil, richtig geil. Tolle RAWs, Hautfarben a la Canon, der Joystick ist Gott sei Dank auch wieder da, das Touchdisplay ist ebenso im Menü touchfähig, die Leistung des Augensensors top. Ich habe mich im Menü relativ rasch zurecht gefunden, da können sich Sony und Fuji eine ordentliche Scheibe davon abschneiden.
Das Schulterdisplay nutze ich nicht, ebenso wenig die Videofunktion. Die genauen Spezifikationen der Kamera sind mir in der Kürze egal gewesen, mir ging es in erster Linie um das Handling, die Bildqualität, die Verarbeitung, die breit gefächerten Arbeitsbereiche. Ich wüßte nicht, was die Kamera nicht könnte.
Fazit: die R5 ist sicher nichts für Anfänger, auch eher nichts für Streetfotografen und auch nichts für ausgiebige Städtereisen. Ein Anfänger würde erschlagen ob der vielen Funktionen, die Straße braucht Unauffälligkeit und kompaktes Format und für Reisen spricht schon das Gewicht und das Packmaß eher dagegen. Dafür wird sie ein Protzertourist lieben 😀
Ein Profi kann mit der R5 zaubern, daher eine klare Kaufempfehlung für Studio, Portrait, Landschaft, Nacht, Zoo und Tierfotografie. Auch für Familie, Werbung und Beruf ganz klar State of the Art. Hätte ich noch kein System, so würde ich die Kamera mit den o.a. Objektiven kaufen, aber erst nach einer gewissen Wartezeit. Bei Canon weiß man ob der Vergangenheit ja nie ob eine Produktprüfung statt gefunden hat. Nach Weihnachten rückwirkend unter den Baum legen lassen – das wär mein Geheimtip 🙂
Hätte die Canon R5 ein touchfähiges Klappdisplay wie die Fuji X-H1 (welches auch im Hochformat aufklappbar ist), den Einschalthebel beim Auslöser, das Drehrad mit Daumenwippen und kleinere RF Objektive im Portfolio, ich würde sie bestellen. Der Vorteil des kleineren spiegellosen Vollformatgehäuses verpufft sich mit der enormen Größe der RF-Objektive. Da ich in den letzten 10 Jahren schon genug Canonzeugs geschleppt habe, weiß ich was ich an Fuji habe.
Aber auch Fuji experimentiert sich mit einer X-Pro3 zum Nischennepp, auch die X-T4 interessiert mich nicht die Bohne weil dort ein Klodeckeldisplay, da ein Schwenkdisplay, dort fehlt der Joystick, dort die Daumenwippen. Das Mittelformat ist ja nur doppeltes Vollformat, dafür auch doppeltes Gehäuse vorm Gesicht. Und auch Sony zeigt mit der neuen A7C, dass sie viel alte Technik noch teurer verkaufen wollen. Alles was die A7III besser kann, nur kleiner, langsamer, schlechter und dafür teurer.
So warte ich auf die X-H2 und weiß schon jetzt, dass Fuji wieder irgendwas vergeigt oder an der Bedienung einspart. Eine zukünftige X-Pro4 im Design der X-Pro2 (samt Daumenwippe und Joystick) dafür Stabi und Klappdisplay, Auslöser der X-H1, stabile und funktionierende App, überarbeitete Menüs, fixierbares Dioptrienrad, echter Augenfokus, um die 30 MP, kein Video……… davon träume ich.