Fujifilm X-H2
Früher als erwartet kam heute meine Fuji X-H2 bei mir an. Netterweise hat mir der Chef von Foto-Schneider aus Mödling die Kamera geliefert. Auch wenn er in der Nähe wohnt, das nenne ich einen prima Service!
So gut der Service ist, so gut finde ich die X-H2, allerdings mit einigen Aber’s. Denn so toll die Spezifikationen zum Lesen sind, so kompromissbereit muss man sein um mit ihr arbeiten zu wollen. Ein stabilisierter X-Trans 40MP Sensor auf APS-C sind schon eine Ansage, bei den 7 verschiedenen Consumereinstellungen sind lang gehegte Träume in Erfüllung gegangen, und auch sind wieder D-Pad und Joystick am Rückteil platziert.
Aber es gibt auch einiges was mir nicht gefällt und auch Gründe waren warum ich das Schwestermodell X-H2s umgehend wieder zurück gegeben habe. Die gleiche Haptik hat zwar die -X-H2 aufzuweisen, allerdings hat diese den Mehrwert der 40MP. Das, der neue AF mit Motiverkennung und die C1-C7 Einstellungen haben mich zur Vorbestellung der X-H2 bewogen. Die Schwester X-H2s allerdings hatte für mich überhaupt keinen Mehrwert. Die ist mit ca. 500,- nur teuer und kann nur sehr schnell sein, aber das war es dann auch schon. Ich muss allerdings fairerweise erwähnen, dass ich zuerst ein Vorserienmodell hatte und dort die Werte und Spezifikationen nichts von den Ankündigungen halten konnte. Das Serienmodell war da schon besser, dennoch kam ich auf keine 40 Bilder in der Sekunde (was eh keiner braucht), der Fokus lag oft daneben und auch das Rauschen war sehr unangenehm und deutlich.
Was mich an den beiden Kameras stört ist das Schwenkdisplay ohne Klappmöglichkeit, das Schulterdisplay das ich bei der X-H1 schon nicht verwende, die neuen 3 Knöpfe auf der Schulter der Kamera die man mit keinem Finger erreichen kann ohne vom Auslöser weg zu sein. Dies bewirkt eine Krampfhaltung der Hand. Wer sich das hat einfallen lassen ist ein Sadist. Auch haben die beiden Drehräder an der Vorder- und Rückseite des Bodys keinen Druckpunkt mehr. Somit hat Fuji zwei weitere individuell speicherbare Funktionen einfach eingespart. Zudem ist keine Ladebuchse in der Lieferung enthalten, in der heutigen Zeit ein no-go. Da ist man gleich mit BC-W235 Ladebuchse und richtigem USB-Netzgerät zusätzlich bei über 100,–.
Beim Menü hat sich leider auch nicht viel getan, außer, dass sich die Kamera jetzt merkt wo man zuletzt in den Einstellungen war. Ich habe mir zur X-H2s zusätzlich 3 NP-W235 Akkus gekauft gehabt und diese sind nun 1 Monat lang aufgeladen in der Lade gelegen. Der aktuelle Ladestand war aber erschreckend niedrig, sodass die Entladung in Zukunft eingerechnet werden muss. Bei den Vorgängerakkus NP-W126s war das niemals ein Thema, diese konnten einige Monate ohne nennenswerte Entladung gelagert und sofort verwendet werden. Die so hoch gelobe Qualität des Displays und elektronischen Viewfinders ist trotzt hoher Werte unmerklich besser als beim Vorgängermodell.
Über die Konnektivität kann ich noch nichts sagen, nur, dass die X-H2s überhaupt nicht mit dem Smartphone verbunden werden konnte. Ebenso hatte ich immer schon mit den Fujis große, sehr große Probleme was die Konnektivität betraf. Also die Fernsteuerung der Kamera via Handy. Mit der X-H2 muss ich das erst testen aber ich erwarte mir da nicht zu viel. Ebenso kann ich noch nichts über die neue Technik des Pixel-Shift Multishot mit seinem 160 MP Bildvolumen sagen. Hier werden 20 Einzelbilder vom Motiv gemacht und – vorerst – via externer Software zu einem Bild zusammen gerechnet. Wäre schön, wenn das bereits in der Kamera erledigt werden könnte. Vielleicht liefert Fuji das noch via überarbeiteter Firmware nach. Auch die neue ISO-Obergrenze von 125 Iso sowie auch das neue HEIF-Bildformat geben der X-H2 neue Möglichkeiten mit, wobei ich definitiv bei JPEG-Bildformat bleiben werde.
Als herausragend bezeichnen kann ich mittlerweile den AF-C Fokus (kontinuierlicher Autofokus). Der macht in Kombination mit der Motiverkennung und Nachverfolgung richtig Spaß und auch einen Mehrwert in der Streetfotografie.
Das Thema Video rührt mich nicht im geringsten an, ich finde, das hat in einer Fotokamera nichts zu suchen. Diesem Umstand ist leider ja auch das vermaledeite Schwenkdisplay zu verdanken.
Daher mein Plädoyer: Ich wäre bereits zu Canon abgewandert wenn ich nicht schon so viel Equipment und Fujikameras hätte. Ein kompletter Systemwechsel kostet richtig viel Geld. Die Canon R5 ist traumhaft und fast perfekt, dafür kostet die Fuji X-H2 ziemlich genau die Hälfte. Auch sind die Fuji Objektive zumeist immer noch kleiner als Vollformatobjektive, aber wenn das so weiter geht ist auch dort ein Unterschied nicht mehr so gravierend. Denn der Body der Canon ist bereits kleiner und leichter als die der Fujis. Aber in einigen Jahren werden ohnehin die Smartphones den Kameramarkt dominieren. Denn die großen Kamerahersteller hören ihren Kunden einfach nicht zu. Speziell Fuji hat seit der X-Pro2 jede Kamera verändert oder wichtige Funktionen weggelassen. Ich habe 2 Canons die sich komplett gleich bedienen lassen, ich habe 4 Fujis und jede davon ist komplett anders! Wenn man da mit 2 Kameras unterwegs ist kommt man schon ins Grübeln.
Nun mein Fazit: Für einen Neueinsteiger in der Fotografie sind die X-H2 oder H2s zu überladen und man würde die Freude an der Fotografie wahrscheinlich bald verlieren. Wer nur Landschaften aufnimmt, ist bei der X-T4 oder X-H1 gut aufgehoben. Wer eher auf die Straße gehen möchte dem rate ich zu X-Pro2 oder zu einer Ricoh GRIII. Wer in die Modell- und Portraitfotografie will ist bei Canon besser aufgehoben da dort das Zubehör umfangreicher ist und auch im Studio einfach alles auf eine Canon passt. Auch macht ein Canon-Sensor einfach schönere Hautfarben.
Wer bereits eine Fuji hat und sein Herz in der Sportfotografie schlägt, der nehme die X-H2s und werde glücklich. Wer eine schöne, funktionelle Kamera im Retrostyle sucht nehme die X-T3, X-T4 oder wartet auf die X-T5. Wer einfach nur das Quäntchen mehr Auflösung möchte und mit all den Fehlern von Fuji leben kann, der nehme – so wie ich – die X-H2 die vom Preis-/Leistungsverhältnis wirklich passt. Wer eine Kamera sucht die weniger rauscht, der ist bei den neuen Fujis fehl am Platz. Ich höre zwar oft, dass man dies mit Softwarebearbeitung gut hinbekommen kann, aber das ist nicht mein Weg. Ich kaufe nicht die aktuellste Kamera um viel Geld um dann noch zusätzlich in eine Software zu investieren. Auch hier sind bereits die Smartphones weit überlegen.
Fuji feiert mit den beiden Modellen X-H2 und X-H2s den 10 jährigen Bestand der erfolgreichen X-Reihe. Ich habe mir ehrlich gesagt eine andere Kamera erwartet, eine, wo Fuji wieder zu ihren und somit unseren fotografischen Wurzeln zurückkehrt. Modernste funktionale Foto-Technik verpackt in einer Retro Kamera wie wir sie lieben. Bekommen haben wir ein Duett klumpiger PSAM (Funktions-Drehrad) Videokameras mit Fotofunktionen. Wenn das der Weg von Fuji ist, dann war die X-H2 meine letzte Kamera von Fujifilm. Klar werde ich mit der X-H2 arbeiten können und gute Bilder machen, aber Spaß macht sie nicht und schön ist sie schon gar nicht.